Filmästhetik und Kindheit

Kino, Kindheit, Filmästhetik - Ein Forschungsfeld

Mutum

Bettina Henzler

Positionen

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Angesichts der Vielzahl von Filmen mit Kindern in Hauptrollen sprach André Bazin 1949 in einem Zeitungsartikel von den »nahezu spezifischen Affinitäten« des Kinos zur Kindheit.1 Diese »Affinitäten« wurden seit der Frühzeit der Filmgeschichte immer wieder von Filmschaffenden, Kritiker*innen, Pädagog*innen und Wissenschaftler*innen – je nach Blickwinkel – beschworen oder bekämpft. Schon in Werbematerialien und filmtheoretischen Texten zur Frühzeit des Kinos war das Kind als Darsteller Anlass, um den filmischen Realismus hervorzuheben.2 Und auch im Rückblick wurde das frühe Kino immer wieder mit einem Kind verglichen, das erst laufen lernen muss, und dessen Zuschauer, wie Kinder, an das Geschehen auf der Leinwand glaubten.3 Im weiteren Verlauf der Filmgeschichte wurde in filmtheoretischen und cinephilen Diskursen Film immer wieder als ein Medium definiert, das besonders gut geeignet ist, Kindheit darzustellen und erfahrbar zu machen, und dessen Eigenschaften sich im Umkehrschluss gerade in seinem Bezug zum Kind als Darsteller bzw. zum Blick des Kindes zeigen. Anhand von Filmen und Texten werde ich im Folgenden beispielhaft wesentliche Motive und Logiken dieser Diskurse zu Kino und Kindheit umreißen. Davon ausgehend lassen sich Fragen formulieren, die für zeitgenössische Forschungen zu Kindheit und Film wegweisend sind und die Notwendigkeit einer Untersuchung filmästhetischer Formen der Kindheit begründen.

Dieser Beitrag ist die gekürzte und leicht geänderte Version eines Aufsatzes, der 2017 in dem Band „Kino und Kindheit“ erschienen ist.

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